Pflichtenübertragung auf Führungskräfte
Das Thema Verantwortung im Arbeitsschutz ist seit jeher ein viel diskutiertes Thema an Hochschulen. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Übertragung arbeitsschutzrechtlicher Pflichten auf einen Professor (Urteil vom 23. Juni 2016 – BVerwG 2 C 18.15) hat die Auseinandersetzung noch einmal an Aktualität und Intensität gewonnen.
Diese Thematik wurde von HIS-HE aufgenommen und es wurden unter der Organisation von HIS-HE drei Fachgespräche mit ExpertInnen aus Hochschulen, des Sachgebietes Hochschulen, Forschungseinrichtungen der DGUV, des Deutschen Hochschulverbands und des Hochschullehrerbunds geführt. Ziel war es, mögliche Vorgehensweisen für eine rechtssichere und gleichzeitig für Hochschulstrukturen praktikable Verfahrensweise zu diskutieren. Mit dieser Veröffentlichung wird der aktuelle Erkenntnisstand aus den geführten Diskussionen zwischen den einzelnen Vertretern der Einrichtungen wiedergegeben und es werden die notwendigen Arbeitsschritte für eine Pflichtenübertragung inhaltlich erläutert.
Zu den Aufgaben der Führungskräfte (dazu zählen u. a. ProfessorInnen) können auch Aufgaben des Arbeitsschutzes gehören, die sich aus den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder aus dem konkreten Amt ergeben können. Bei Fehlverhalten können hieraus allgemeine strafrechtliche Folgen und zivilrechtliche oder staatshaftungsrechtliche Haftungsfolgen resultieren. Führungskräfte haben unabhängig von einer Pflichtenübertragung qua Amt eine grundsätzliche Haftungsverantwortung. Eine fundierte Pflichtenübertragung verschafft jedoch allen Beteiligten mehr Klarheit über die jeweils wahrzunehmenden Pflichten und verhindert Überschneidungen bei Zuständigkeitsbereichen. Sie ist zusätzlich ein geeignetes Instrument für die Hochschulleitung, ihrer Organisationsverantwortung nachzukommen.
Die Übertragung kann nach unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen durchgeführt werden:
- Übertragung von Arbeitgeberpflichten nach § 13 Abs. 2 ArbSchG
- Übertragung nach § 13 DGUV Vorschrift 1 (für Versicherte)
- Dienstvereinbarung nach Beamtenstatusgesetz (für Beamte)
- Dienstvereinbarung nach Gewerbeordnung (für Angestellte)
Eine Übertragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG ist lt. BVerwG-Urteil vom 23.06.2016 durchaus möglich, allerdings knüpfte das Gericht sehr hohe Anforderungen an die konkrete Beschreibung der individuell übertragenen Pflichten und an die Definition des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs (Personal, Räume, Geräte, Anlagen etc.).
Auch wenn sich das BVerwG-Urteil ausschließlich auf eine Übertragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG bezog, sollten die darin definierten Anforderungen an die Bestimmtheit und die Fachkunde auch bei einer Übertragung mittels Dienstvereinbarung sinngemäß berücksichtigt werden. Das heißt, die grundsätzlich zu übernehmenden individuellen Pflichten und der jeweilige Zuständigkeitsbereich sind detailliert zu beschreiben sowie die Fachkunde der Beauftragten sicherzustellen.
Im Dokument wurde eine Aufstellung erarbeitet, die zusammenfassend die möglichen Übertragungsvarianten mit ihren zu berücksichtigenden Kriterien gegenüberstellt.
Die Notwendigkeit einer aktiven Pflichtenübertragung ist in der Diskussion des Teilnehmerkreises unumstritten. Wie genau der Arbeitsschutz durch Weisungen oder auch durch die Delegation nach § 13 Abs. 2 ArbSchG organisiert wird, müssen dabei die Hochschulen nach Aufwand, Nutzen und Akzeptanz individuell abwägen.
Weitere Themeninhalte des Workshop-Papers sind:
- Organisationsverantwortung
- Mögliche Übertragungswege (Vor- und Nachteile)
- Umsetzungsmöglichkeiten zur Fachkunde und zur Bestimmtheit
- Partizipatorischer Umsetzungsprozess/Kommunikation
- Ressourcen
- Beispiele aus der Praxis