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Qualitätssicherung und -entwicklung an systemakkreditierten Hochschulen: Organisationsentwicklung und Governance

Im Vergleich zur Programmakkreditierung eröffnet die Systemakkreditierung Hochschulen umfassende Autonomiespielräume

Auch wenn die Gestaltung des Akkreditierungssystems immer wieder – aktuell infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts – Gegenstand kontroverser Diskussionen ist, steigt die Zahl der systemakkreditierten Hochschulen: Bis Mai 2016 hatten insgesamt 46 Hochschulen eine Systemakkreditierung erfolgreich abgeschlossen. 23 weitere Hochschulen befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Verfahren. Insgesamt sind damit 22 % aller Universitäten und jede zehnte Fachhochschule systemakkreditiert.
Im Vergleich zur Programmakkreditierung eröffnet die Systemakkreditierung Hochschulen umfassende Autonomiespielräume bei der Gestaltung eigener Systeme der Qualitätssicherung und -entwicklung für Studium und Lehre. Doch wie nutzen Hochschulen diese Spielräume? Empirische Erkenntnisse zum Gegenstandsbereich der Systemakkreditierung fehlen bislang weitgehend. Im Fokus einer aktuellen Untersuchung von HIS-HE, die auf der Analyse von leitfadengestützten Interviews und hochschulischen Dokumenten basiert, stehen die Themenbereiche Organisationsentwicklung und Governance. Untersucht werden dabei folgende Fragen.

  • Welche Zielsetzungen verbinden Hochschulen mit der Systemakkreditierung?
  • Wie gestalten sie den Organisationsentwicklungsprozess zum Aufbau ihrer Systeme der Qualitätssicherung und -entwicklung?
  • Welche AkteurInnen übernehmen im Rahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung von Studiengängen die Bewertungs- und Entscheidungskompetenzen, die vorher bei externen Gutachtergruppen und Akkreditierungsagenturen verortet waren?
  • Welche Effekte der Systemakkreditierung beobachten die HochschulvertreterInnen?

Erste Ergebnisse und Beobachtungen zu den genannten Fragen präsentierten Dorothee Polte und Anna Sophie Beise vom HIS-Institut für Hochschulentwicklung den geladenen Gästen im Rahmen der Veranstaltung. Demnach werden die Zielsetzungen, die die Hochschulen mit der Systemakkreditierung verbinden, aus Sicht der InterviewpartnerInnen überwiegend erreicht: Zu nennen sind hier insbesondere der erlebte Autonomiezuwachs und die Erhöhung der Selbststeuerungsfähigkeit infolge der Erlangung der Selbstakkreditierungsrechte und der erzielten Eigenverantwortung für die Qualitätssicherung und -entwicklung der Studienprogramme. Als weiteren positiven Effekt der Systemakkreditierung benennen die HochschulvertreterInnen die Möglichkeit, die Qualitätssicherung und -entwicklung stärker formativ statt summativ und an eigenen Kriterien statt an (externen) Mindeststandards auszurichten. Zudem schaffe das Verfahren Kommunikationsanlässe zur Förderung des fakultäts- und fachbereichsübergreifenden Austauschs über Qualität und Qualitätsziele und zur Entwicklung eines geteilten Qualitätsverständnisses.
Die Studie zeigt, dass sich der Entwicklungs- und Akkreditierungsprozess an den Hochschulen in der Regel zeitlich und inhaltlich überlagert. Dabei stehen die Hochschulen vor der Herausforderung, einerseits ausreichend Zeit für die Aushandlung und Entwicklung der Systeme einzuplanen und andererseits die durch das Akkreditierungsverfahren und die Begehungen erzeugte Dynamik für den Feinschliff und die Implementierung zu nutzen.
Die im Zuge der Systemakkreditierung etablierten Verfahren zur Qualitätssicherung und -entwicklung laufender Studiengänge zeichnen sich dabei u. a. im Hinblick auf die (De-)Zentralisierung von Verantwortlichkeiten und hinsichtlich der Zusammensetzung der Akteursgruppen, die mit der Bewertung der Qualität der Angebote betraut werden, durch eine große Heterogenität aus. Während einige Hochschulen hochschuleinheitliche, zentral gesteuerte Verfahren zur Qualitätsbewertung der Studienprogramme etablieren, bestehen an anderen größere Freiheitsgrade der Fakultäten und Fachbereiche hinsichtlich der Ausgestaltung der Verfahren. Empfehlungen, Auflagen und Maßnahmen zur Weiterentwicklung von Studienprogrammen unterliegen in der Regel keinem direktem Einfluss externer GutachterInnen, sondern werden vielfach in Verhandlungssettings hochschulintern vereinbart. Dies erlaubt den beteiligten AkteurInnen einen strategischen Umgang mit den Ergebnissen von Verfahren der Qualitätsbewertung.
Im Anschluss an die Präsentation der Studienergebnisse stellten Petra Suwalski von der Hochschule Furtwangen und Rudolf Bauer von der Technischen Universität München im Sinne einer exemplarischen Illustration der Studienergebnisse ausgewählte Elemente der Qualitätsmanagementsysteme ihrer Hochschulen vor. Im Fokus standen dabei insbesondere die Einbindung externer Expertise und Austauschformate zum Thema Lehre an Hochschulen.
Abschließend referierte Dr. Olaf Bartz, Geschäftsführer des Akkreditierungsrats, zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und zum aktuellen Stand der geplanten Regelüberarbeitung der (System-)Akkreditierung.
Einig waren sich die TeilnehmerInnen der Veranstaltung darin, dass weiterer Untersuchungsbedarf zu den Charakteristika der verschiedenen Konzepte und Verfahren, ihrer Umsetzung durch die systemakkreditierten Hochschulen und ihren Wirkungen besteht. Diesem Bedarf wird auch HIS-HE im Rahmen weiterer Aktivitäten nachkommen. Im Fokus einer Folgeuntersuchung werden die konkrete Anwendung der hochschulintern etablierten Verfahren und ihre Bewertung durch die Fächer stehen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie werden in Form eines Abschlussberichts im Spätsommer 2016 veröffentlicht.