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Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung – Hochschullehre auf dem Weg vom Frosch zum Prinzen?

Zum HIS-HE-Forum Qualität in Studium und Lehre am 10. und 11. November 2016 in Hannover

In den vergangenen Jahren haben an Hochschulen vielfältige Initiativen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in Studium und Lehre Einzug gehalten. An Hochschulen wurden im Rahmen von Förderprogrammen wie dem Qualitätspakt Lehre oder Qualitätsoffensive Lehrerbildung großvolumige Projekte gestartet, die dazu dienen, Lehre und Studium an Hochschulen nachhaltig zu verändern. Gleichzeitig entwickeln Hochschulen auf der strukturellen Seite ihre Instrumente, Strukturen und Prozesse – auch angesichts der Möglichkeit zur Systemakkreditierung – zu Qualitätssicherungssystemen weiter. Das Verhältnis und gemeinsame Herausforderungen der Handlungsfelder Lehrentwicklung und Qualitätsmanagement standen im Fokus der Tagung. Die teilnehmenden Hochschul- und Fakultätsleitungen, QM-Verantwortlichen, VertreterInnen aus Abteilungen für Studium und Lehre sowie Hochschuldidaktik und Lehrentwicklungsprojekten erwartete ein facettenreiches Programm aus prominent besetzten Vorträgen, einem Podiumsgespräch, Austauschforen und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch.
Eine Referentin und Referenten aus Wissenschaft, Politik und Hochschulpraxis beleuchteten am ersten Tagungstag das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Professor Wilfried Müller, Altrektor der Universität Bremen und ehemaliger HRK-Vizepräsident für Studium und Lehre, zeichnete im Eröffnungsvortrag die historische Entwicklung des Qualitätsmanagements an deutschen Hochschulen nach. Er schloss seinen Vortrag mit einem Plädoyer für ein Umdenken im Qualitätsmanagement an Hochschulen. Anzustreben sei ein Konzept von Qualitätssicherung und -entwicklung, welches den Fächern Raum für mehr Experimentierfreude und Kreativität bei der eigenen Lehrentwicklung verleihe.
Auf mangelnde Gestaltungsfreiheiten für kreative Studiengangsentwicklung unter den „Zwängen“ des ECTS-Systems wies Professor Stefan Kühl, Organisationssoziologe an der Universität Bielefeld in seinem Vortrag hin. Durch formale Vorgaben steige die Komplexität der Studiengangsentwicklung für Lehrende, was es umso voraussetzungsvoller mache, „gute“ Studiengänge zu konzipieren.
Professorin Tanja Brühl, Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der systemakkreditierten Goethe-Universität Frankfurt griff das Märchenmotiv der Tagung mit dem Bild der Bremer Stadtmusikanten auf. In ihrem Vortrag begriff Brühl den Wandel einer Lehr- und Lernkultur als Reise und beschrieb ausgehend davon das Zusammenspiel von vier Elementen der Qualitätsentwicklung an der Universität Frankfurt: der Zusammenarbeit mit Schulen, dem Qualitätspakt Lehre-Projekt „Starker Start ins Studium“, dem Leitbild Lehre und den Instrumenten zur Qualitätssicherung.
Carsten Feller, der Leiter der Abteilung Wissenschaft und Forschung im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, vertrat eine ministerielle Perspektive mit der These: „Nur die Steuerung des Landes gewährleistet ein flächendeckendes Qualitätsmanagement an Hochschulen.“ Er stellte in seinem Vortrag verschiedene Ebenen der politischen Außensteuerung für das Qualitätsmanagement vor. Als Wert der Systemakkreditierung stellte er hierbei heraus, dass sie verhelfe, Regelkreisläufe auf allen Ebenen der Hochschule zu implementieren.
Unter dem Titel „Studiengangsentwicklung zwischen formalen Anforderungen und inhaltlicher Profilierung“ moderierte Friedrich Stratmann, geschäftsführender Vorstand des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung, die Diskussion zwischen den Vortragenden im abschließenden Podiumsgespräch. Konsens bestand in der Diskussionsrunde darin, dass die Bürokratisierung der Studiengangsentwicklung eine sehr deutsche Interpretation der Bologna-Reform sei. Hierbei teilten die Diskutantin und die Diskutanten die Beobachtung, dass AkteurInnen auf verschiedenen Ebenen der Hochschulen die externen Vorgaben bei der Entwicklung von Studiengängen allzu rigide interpretierten. Uneinigkeit bestand dagegen in Hinblick auf die Frage, ob das ECTS-System ein verzichtbares Übel oder eher ein Gewinn für gute und transparente Studiengangsentwicklung darstelle und wie sehr Strukturvorgaben zu reduzieren seien. Letztlich waren sich die ExpertInnen aber einig, dass AkteurInnen auf allen Ebenen der Hochschulen mutiger mit externen Anforderungen umgehen dürften und mittels dessen Kreativität sowie Experimentierfreude in der dezentralen, fachlichen Studiengangs- und Lehrgestaltung zu bestärken.
Am zweiten Tagungstag tauschten sich die TeilnehmerInnen in verschiedenen Austauschforen zu aktuellen Themen und Herausforderungen von Lehrentwicklung und Qualitätsmanagement aus. BeraterInnen von HIS-HE sowie ReferentInnen aus Hochschulpraxis und Forschung führten durch die Foren. Die Themen der Foren waren:

  • Lehre und Qualitätsinitiativen aus Sicht von ProfessorInnen und Konsequenzen für reformerisches Handeln
  • Nachhaltigkeitsstrategien für das Personal temporärer Förderprogramme
  • Möglichkeiten und Grenzen des Zusammenwirkens von Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung
  • Akkreditierung und Lehrentwicklung: Erste Beobachtungen zu den Effekten der Systemakkreditierung auf die Lehrentwicklung

Zum Abschluss der Tagung richtete Professor Philipp Pohlenz, Professor für Hochschulforschung und Professionalisierung der akademischen Lehre an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, in seinem Vortrag einen rahmenden, konzeptuellen Blick auf den Status quo und Entwicklungsperspektiven von Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung. Ausgehend von der Beobachtung einer oftmals spannungsreichen Dreiecks-Beziehung von Qualitätsmanagement, Hochschuldidaktik und der akademischen Lehre selbst zeigte er Perspektiven für Kooperationen und wechselseitige Beförderung der Handlungsfelder auf.
HIS-HE wird das Zusammenspiel von Lehrentwicklung und Qualitätsmanagement auch weiterhin hin den Blick nehmen und mit Transferaktivitäten ein Forum für den Austausch der beteiligten AkteurInnen bieten.