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Konfliktmanagement in Hochschulen

In seiner Einführung zeigte Dr. Peter Altvater (HIS-HE) auf, wie an Hochschulen Konflikte die „Normalität durcheinander“ bringen können – aber auch aufmerksam machen und zur kommunikativen Auseinandersetzung auffordern. Konflikte können einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Organisation liefern und Veränderungen einleiten.
Dr. Wolfgang Hiltscher (Fakultätsreferent, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, Georg-August-Universität Göttingen) fokussierte in seinem Vortrag die Disparität im Verhältnis von Expertenorganisation und Bürokratie: Auf der einen Seite die Bürokraten, auf der anderen die Experten. Die einen wollen Komplexität reduzieren, indem sie z. B. Regeln setzen, Hierarchien fixieren, Verantwortlichkeiten zuweisen. Die Wissenschaftler pflegen die Autonomie der Experten, setzen z. B. auf intrinsische Motivation, orientieren sich an Peers. Im Konflikt stehen sich symbolisch der Elfenbeinturm der Wissenschaft und die Trutzburg der Verwaltung gegenüber. Beide müssen kooperieren, können sich aber auch das Leben schwer machen. Der Konflikt ist programmiert.
„Das komplexe universitäre Konfliktgeschehen kann nur über ein ebenso komplexes integratives Konfliktmanagement in eine gute Richtung gesteuert werden“, folgerte Hiltscher. Dieses System mit seinen formalen Elementen ist hinlänglich bekannt. Daneben existieren jedoch auch informelle Konfliktbearbeitungsstrukturen. Das eine kann das andere nicht ersetzen und die informellen Strukturen werden immer ihre Bedeutung behalten. Zudem spielt die Akzeptanz der einzelnen Akteure eine herausragende Rolle für die Konfliktbewältigung: „Wir brauchen eine Haltung, dem Anderen zuzubilligen, dass er sinnvoll und richtig arbeitet“, fasste Dr. Hiltscher dies zusammen.
„Der Umgang mit Konflikten in Hochschulen hat eine quantitative sowie eine qualitative Relevanz“, konstatierte Dr. Christian Hochmuth (Geschäftsführender Koordinator am Institut für Konfliktmanagement, Europa-Universität Viadrina). Dieses sind zum einen die (steigenden) Studierenden- und Mitarbeitendenzahlen in Hochschulen sowie gesellschaftliche Erwartungen an die Hochschulen, auch in ihrer Rolle als Multiplikator. Hinsichtlich der Herausforderungen für ein Konfliktmanagement in Hochschulen hielt Dr. Hochmuth u. a. fest: „Streit gehört zur Forschung, das Ringen um das bessere Argument.“ Streit ist somit eine Leitidee für Hochschulen. Vor diesem Hintergrund existieren drei Ansätze zur Konfliktbearbeitung in Hochschulen:

  • Idealtypus 1: Einpersonen-Konfliktmanagement-System (eine zentrale Kommunikationsfigur, ist auch Supervisor und Berater)
  • Idealtypus 2: Aufteilung der Konfliktfelder der Hochschule (Komplexität soll verringert werden: z. B. alleiniger Fokus etwa auf Studierende, auf Mitarbeiter der Hochschulverwaltung, auf Professoren, auf Hochschulleitung)
  • Idealtypus 3: strukturgeleitetes Modell mit mehreren beteiligten Akteuren (klare Trennung der Rollen mit einer dezidierten Steuerungsstelle; Eingangsgespräch und Konfliktberatung trennen, ggf. mit einem externen Pool von Konfliktbearbeitern)

Dr. Hochmuth nannte drei Kennzeichen für eine institutionalisierte Konfliktbearbeitung: Das Grundbekenntnis der Organisation ist vorhanden (wir haben Konflikte und wir bearbeiten Konflikte mit entsprechenden Ressourcen), der Vorgang ist formalisiert (jeder hat die Chance seinen Fall bearbeiten zu lassen), die Konfliktbearbeitung ist verfahrensgeleitet (der Prozess ist festgelegt und verlässlich). Auf alle Fälle sorgen institutionalisierte Verfahren dafür, dass die Chancen der Fallbearbeitung steigen und die Transparenz groß ist.
In der Diskussion wurde auf den Zusammenhang mangelnder Arbeitszufriedenheit und psychischen Erkrankungen infolge ausbleibender Konfliktbearbeitung hingewiesen. Einigkeit existierte nicht darüber, ob der „Konflikt auch Konflikt zu nennen ist“ oder ob eine andere Nomenklatur in diesem Kontext förderlich sei. Dr. Hiltscher stellte am Ende der Diskussion abschließend fest, „ Personen dürfen nicht beschämt werden“, dieses sei eine wichtige Prämisse im Umgang mit Konflikten.
Am Nachmittag folgte eine themenbezogene, moderierte – auf Vertraulichkeit ausgelegte – kollegiale Beratung in Kleingruppen. HIS-HE hatte als Form von Gruppensupervision die Balintgruppenarbeit ausgewählt und hierzu durch die Balintgruppenleitung auf die exakte methodische Durchführung geachtet: Das „freie Assoziieren“ fügt sich an die Erzählung an. So spiegelte sich nicht nur der Fall in der Gruppe, sondern auch die Gruppe im Fall.
Die Teilnehmenden gaben HIS-HE am Ende ein positives Feedback. Joachim Müller (HIS-HE) fasste abschließend zusammen: „Der Wunsch, das Netzwerktreffen mit seinen spezifischen Funktionen und ggf. stärkerer Fokussierung weiter anzubieten, ist vorhanden. HIS-HE wird für 2016 ein entsprechendes Format finden.“