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Experten diskutieren: Was folgt aus der Hochschulbilanz?

HIS-Workshop zur Bilanzanalyse und Bilanzpolitik an Hochschulen am 17.05.2011 in Hannover

Die Expertinnen und Experten auf dem HIS-Workshop im Mai 2011 gingen noch weiter: Künftig können sich die Hochschulen nicht mehr leisten, bei den nackten Zahlen der Bilanz stehen zu bleiben. Denn die Adressaten des Jahresabschlusses studieren die Berichte immer genauer − und könnten hieraus mitunter weitreichende Schlüsse ziehen.

Wie kann eine Hochschule ihren Jahresabschluss sinnvoll aufbereiten? Welche Kennzahlen der BWL passen auf den Bildungs- und Wissenschaftsbereich? Wie lässt sich eine Hochschulbilanz sinnvoll analysieren und interpretieren? Kurzum: Was und wem nutzt der kaufmännische Jahresabschluss an Hochschulen, auf den einer HIS-Studie zufolge seit Mitte der 1990er Jahre eine Vielzahl der deutschen Hochschulen unter großer Kraftanstrengung umgestellt hat?

Bereits 2009 bot eine Tagung der HIS GmbH hierzu erste Antworten. Ein HIS-Workshop führte die Diskussion nun weiter und brachte etwa 20 Expert(inn)en zusammen, die sich mit Hochschulbilanzen beschäftigen, darunter Kanzler von Universitäten und Fachhochschulen sowie Vertreter/-innen aus Haushaltsdezernaten, aus Finanz- und Wissenschaftsministerien und Wirtschaftsprüfer.

Anhand ausgewählter Hochschulbilanzen bildeten und diskutieren die
Teilnehmer/-innen Bilanzkennzahlen. Dabei wurde deutlich, dass Kennzahlen zur Liquidität oder Vermögens- und Finanzierungsstruktur durchaus hilfreiche Informationen zur wirtschaftlichen Beurteilung einer Hochschule liefern können. Schwieriger verhält es sich mit Kennzahlen zur Rentabilität des eingesetzten Kapitals, deren Sinnhaftigkeit die Teilnehmenden auch kontrovers diskutierten.

„Jüngere Entwicklungen zeigen, dass Finanz- und Wissenschaftsministerien geneigt sind, die Jahresabschlüsse der Hochschule durchaus genau zu lesen. Mitunter ziehen sie daraus allerdings Schlüsse, die die Gefahr von Fehlinformationen in sich bergen. Denn die bekannten Instrumente und Kennzahlen der Betriebswirtschaft lassen sich nicht ohne Weiteres auf Hochschulen übertragen. Beispielsweise schwimmt eine Hochschule mit vielen Rücklagen nicht automatisch im Geld, zumal wenn Gelder für zukünftige Investitionsvorhaben oder Verpflichtungen bewusst zur Seite gelegt werden“, verdeutlicht Martin Hamschmidt, Berater im HIS-Arbeitsbereich Hochschulmanagement und Mitorganisator des Workshops.

Das Dilemma der Hochschulen: Sie erstellen Jahresabschlüsse, sind jedoch häufig auf Nachfragen der Adressaten nur ungenügend vorbereitet. Wieso bildet eine bestimmte Hochschule so viele Rücklagen? Hat sie vielleicht zu viel Geld vom Land erhalten oder einfach nur ordentlich gewirtschaftet? Wo steht sie finanziell im Vergleich zu anderen Hochschulen?

Wie der HIS-Workshop zeigte, lassen sich mögliche Trugschlüsse über die finanzielle Lage entkräften, wenn die Hochschulen den externen Analysten die Feinheiten ihrer jeweiligen Bilanzen erläutern und Interpretationshilfen anbieten, auch mit eigenen hochschulbezogenen Bilanzkennzahlen. „Auf diesen Dialog müssen sich die Hochschulen in Zukunft besser vorbereiten, wenn sie die Deutungshoheit über ihre Zahlen nicht verlieren wollen. Hochschulen sollten diesen Prozess aktiv gestalten“, empfiehlt Martin Hamschmidt.

Welche Schlüsse lässt der Jahresabschluss nach Ansicht der Expert(inn)en des HIS-Workshops zu? Auf seiner Grundlage sind Aussagen zum wirtschaftlichen Handeln einer Hochschule möglich − nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Vergleich von Bilanzen verschiedener Hochschulen ist schwierig, da das kaufmännische Rechnungswesen insbesondere zwischen den Bundesländern unterschiedlich umgesetzt wird. Für die Zukunft sollte ein passendes Analyseinstrument für den Hochschulkontext entwickelt werden, das diesen Umstand berücksichtigt.