Seiner Einladung in das Leibniz-Haus in Hannover waren über 80 geladene Gäste gefolgt. Friedrich Stratmann war es ein besonderes Anliegen, seinen Gästen neben seiner Verabschiedung und dem anschließenden gemütlichen Beisammensein – sozusagen als „geistige“ Nahrung – zwei wissenschaftliche Impulse mit einer „Mission für die Hochschulentwicklung und Hochschulberatung“ anzubieten:
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- Prof. Dr. Eva Barlösius , Leibniz Universität Hannover, hat in ihrem Beitrag „Wissenschaftliche Infrastrukturen – Vorgriffe auf zukünftige Forschung“ die Frage diskutiert, inwieweit Hochschulbauten wissenschaftliche Infrastrukturen sind. Spontan würde man möglicherweise jede andere Antwort als ein klares Ja für abwegig halten. Aus der soziologischen Perspektive von Eva Barlösius gibt es jedoch keine pauschale Antwort, da sie ein Verständnis von ‚Infrastruktur‘ zugrunde legt, für das bestimmte Merkmale gelten. Sie sind bei manchen Hochschulbauten erfüllt, in vielen anderen Fällen jedoch nicht. Für die meisten Bürobauten der Hochschulen macht es zum Beispiel keinen Unterschied, wer darin arbeitet – insofern sind sie eben nicht wissenschaftlich, so wie es wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken, apparative Laborausstattungen etc. sind, die aus wissenschaftlichen Arbeiten resultieren, in den Händen von WissenschaftlerInnen liegen und zugleich die künftigen Nutzungsmöglichkeiten und also auch: Wissenschaft vorstrukturieren. Die spezifischen sozialen und kommunikativen Anforderungen der Wissenschaft spielen häufig keine Rolle, so wie sie zum Beispiel in der Architektur mancher Institutes for Advanced Studies realisiert sind. Dies durfte durchaus als Kritik an den zeitgenössischen Hochschulbau verstanden werden. Unmittelbare Adressaten und Adressatinnen waren im Publikum zahlreich vertreten.
- PD Dr. Bernd Kleimann, DZHW Hannover, hat einen anderen Aspekt von HIS-HE thematisiert. In seinem Beitrag „Hochschulforschung und Hochschul(organisations)beratung: Thesen zu ihrem Verhältnis“ hat er sich mit dem Verhältnis zwischen Hochschulforschung und Hochschulberatung auseinandergesetzt und damit in gewisser Weise das institutionelle Verhältnis von DZHW und HIS-HE umrissen. Die Hochschulforschung ist multidisziplinär und definiert sich über den Gegenstandsbereich, auf den sich die Forschung bezieht. Ansonsten ist sie vielfach von den Unterschieden zwischen den beteiligten Disziplinen gekennzeichnet. Die Hochschulberatung hingegen stellt bestimmte Informationen bereit, um fallbezogene Problemlösungen – mal mehr und mal weniger standardisiert – anzubieten. Das Verhältnis zwischen Hochschulforschung und -beratung lässt sich vielleicht pointiert als das Verhältnis zwischen empirischem Erkenntnisinteresse und kondensiertem Erfahrungswissen beschreiben. Beide Bereiche stehen weder gleichgültig nebeneinander noch bestehen strikte Interdependenzen zwischen ihnen (Evidenz der Beratung durch empirische Befunde der Forschung erzeugen resp. das einschlägige Erfahrungswissen der Beratung für einen unmittelbaren Zugang zum empirischen Forschungsfeld nutzen). Vielmehr scheint es sich um eine Verschränkung gegenseitiger Leistungen zu handeln, bei der die Beratung mehr auf die Forschung als umgekehrt angewiesen ist. Beides mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen ist sehr anspruchsvoll. Diese „Grenzgängerei“ ist jedoch Friedrich Stratmann – so Kleimanns Schlussbemerkung – in besonderer Weise gelungen.
Dank für die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit erhielt Friedrich Stratmann vom Vorstandsvorsitzenden Ministerialdirigent Carsten Mühlenmeier im Namen des gesamten HIS-HE-Vorstands. Insbesondere Stratmanns Gespür für die Belange und auch die Zwänge der Länder würdigte Mühlenmeier in seinem Beitrag und übermittelte auch für das Sitzland Niedersachsen den Dank und beste Wünsche der Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Dr. Gabriele Heinen-Kljajic, sowie Staatssekretärin Andrea Hoops.
Im Namen ehemaliger und aktiver Kolleginnen und Kollegen verabschiedete sich Dr. Peter Altvater von seinem langjährigen Wegbegleiter. In seiner kurzweilig-unterhaltsamen Danksagung zog er Parallelen zwischen dem Übergang vom Arbeitsleben des promovierten Sozialwissenschaftlers in den Ruhestand mit einer soziologisch orientierten Betrachtung von „Statuspassagen und Risikolagen im Lebensverlauf“ – und überreichte dem künftigen Pensionisten, „damit im Ruhestand keine Langeweile“ aufkäme, eine Festschrift unterschiedlicher Autoren über „Zentrale Fragen der Organisation Hochschule: Hochschulberatung – Fakultätsmanagement – Hochschulbau – Arbeits- und Umweltschutz“.
Friedrich Stratmann hielt selbst noch einmal persönliche Rückschau auf über dreißig Jahre HIS. Auch wenn sich sein Werdegang wie eine geradlinige Erfolgsgeschichte läse, wären der Erfolg und selbst der Erhalt der früheren Abteilung Hochschulentwicklung nicht zu allen Zeiten gleichermaßen sicher gewesen. Stratmann betonte, er möchte sich nunmehr tatsächlich von seiner Funktion und seinem Tun bei HIS-HE verabschieden. Als leidenschaftlicher Hobby-Sportler, der einen Großteil seiner Zeit künftig in sportliche Aktivitäten wie Radfahren, Laufen und Skifahren investieren möchte – reichte er nun symbolisch und buchstäblich den Staffelstab weiter an seinen Nachfolger Ralf Tegtmeyer. Nur wenn er gefragt würde, würde er HIS-HE beratend zur Verfügung stehen und letztlich auch ein kleines angefangenes Beratungsprojekt erfolgreich zu Ende führen.