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Die Chancen des Hochschulpaktes 2020 und die Risiken seiner Frist

Zum HIS-HE-Forum Hochschulsteuerung vom 09. bis 10. April 2018 in Hannover

Die erste Säule des Hochschulpaktes des Bundes und der Länder ist eine wichtige Stütze der Hochschulfinanzierung in Deutschland. Im Jahr 2015 haben die Hochschulen für die zusätzlich bereitgestellten Studienplätze 3,24 Mrd. € erhalten (davon vom Bund: 1,75 Mrd. €). Zum Vergleich: Die von den Ländern gewährten Grundmittel beliefen sich im gleichen Jahr auf 23,64 Mrd. € (Quelle: Gemeinsame Wissenschaftskonferenz). Die Hochschulen verwenden die Mittel im Wesentlichen für zusätzliches Personal in der Lehre und in der Administration, für die Verbesserung der infrastrukturellen Studienbedingungen sowie für den Aufbau neuer Studiengänge. Sie folgen sowohl in Bezug auf die Mittelverwendung als auch hinsichtlich des Kapazitätsausbaus unterschiedlichen Vorgehensweisen und Strategien.
Vielfach wurde das Ende der Finanzierungsperspektive in die Mittelverwendung eingepreist. Allerdings ist es kaum möglich, die umfangreichen Mittel so einzusetzen, dass alle damit einhergehenden Verbindlichkeiten pünktlich zum Ende der Finanzierung aufgelöst sind, und es ist wenig realistisch und zielführend, die aufgebauten Kapazitäten fristgerecht wieder auf den Stand von 2005 zu reduzieren. Die von den Hochschulen genutzten Chancen zum Kapazitätsausbau implizieren strukturelle Veränderungen, die eigene organisatorische und personelle, infrastrukturelle und finanzielle sowie politische und rechtliche Risiken erzeugt haben.
Das Forum Hochschulsteuerung hat sich damit befasst,

  • wie und wofür die Hochschulen die Mittel aus dem Hochschulpakt nutzen,
  • welche organisatorischen und personellen Veränderungen sich in den zurückliegenden Jahren ergeben haben,
  • wie die Chancen und Risiken des Hochschulpaktes einzuschätzen sind und wie die Hochschulen mit ihnen umgehen,
  • welche Entwicklungen und Effekte künftige Finanzierungsprogramme beachten sollten.

Den Auftakt hat Nicolas Winterhager (iit Berlin) übernommen. Er hat die Größenordnungen des Hochschulpaktes verdeutlicht und dabei insbesondere die finanzielle Entwicklung und den Umfang des HSP-finanzierten wissenschaftlichen Personals beschrieben. Grundlage der informativen Übersicht war eine vom BMBF beauftragte Untersuchung, für die er Sekundärauswertungen der amtlichen Statistik vorgenommen hat.
Die anschließende Gegenüberstellung von drei verschiedenen Sichtweisen auf den Hochschulpakt war spannend und aufschlussreich. Michael Stricker hat als Dekan die Gestaltungsspielräume hervorgehoben, die der Fachbereich Sozialwesen an der Fachhochschule Bielefeld in den vergangenen Jahren intensiv genutzt hat. Die Kombination von Hochschulpakt- und Landesmitteln (NRW-Programm „Karrierewege FH-Professur“) hat nicht nur eine qualitative und quantitative Erweiterung des Studienangebots ermöglicht. Die neue personelle Situation hat auch der Forschung am Fachbereich wichtige Impulse gegeben. Wichtige Voraussetzungen für den Ausbau sind die gegebene Altersstruktur des Personals und geeignete Instrumente des Personalmanagements.
Matthias Kreysing hat aus Sicht des Präsidiums die strategische Bedeutung des Hochschulpaktes für die Universität Hildesheim erläutert, die in den zurückliegenden Jahren die Zahl ihrer Studierenden und Beschäftigten erheblich vergrößert hat. Diese Entwicklungen würden nicht nur die Universität Hildesheim vor große Herausforderungen stellen, wenn sie rückgängig gemacht werden müssten. Das Beispiel veranschaulicht zudem die hochschulpolitische Dimension des Kapazitätsausbaus.
Die Landesperspektive hat Peter Gemmeke eingenommen. Er hat die unterschiedlichen Voraussetzungen in den Ländern sowie den heterogenen Umgang mit den HSP-Mitteln thematisiert und dies am Beispiel der in Thüringen aufgelegten Fördermaßnahmen ausgeführt. Die Länder tragen ebenfalls signifikante Risiken – insbesondere dann, wenn die tatsächliche Zahl der Studienanfänger von den Prognosen abweichen, die die Grundlage für die Mittelzuweisungen durch den Bund bilden. Nach Einschätzung von Peter Gemmeke sollten die Mittelflüsse in Zukunft weniger von volatilen Faktoren und Indikatoren abhängen.
Im ersten Workshop wurden (a) die verschiedenen Steuerungslogiken, die im Kontext des Hochschulpaktes zur Geltung kommen, sowie (b) die Nutzung der Mittel für infrastrukturelle Maßnahmen thematisiert. Zum ersten Thema hat Klaus-Joachim Scheunert einen Impuls gesetzt. Er hat die an der TU Hamburg verfolgten Ansätze erläutert und dabei auf die verschiedenen Zwecke des Hochschulpaktes verwiesen, die im unterschiedlichen Maße durch die Mechanismen der Mittelverteilung unterstützt werden. Jörg Stahlmann hat erläutert, wie die Universität Oldenburg die HSP-Mittel für bauliche Ressourcen einsetzt – insbesondere für Anmietungen und für Neubauten, für die verschiedene Finanzierungsquellen und -instrumente miteinander kombiniert werden.
Im Anschluss diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem zwei Aspekte. Erstens haben sie erörtert, wie die Förderzwecke besser erreicht werden können. Sollen (auch nicht finanzielle) Anreize gesetzt werden, um negativen Effekten vorzubeugen? Sollen die Hochschulen kreativer werden, um die gewährten Mittel unter den teils einschränkenden rechtlichen Rahmenbedingungen besser zu nutzen? Zweitens haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Verantwortung der Hochschulen diskutiert, den vielen Anfängerinnen und Anfängern, für die sie die Mittel bekommen, einen realistischen Studienerfolg in Aussichten zu stellen.
Der zweite Workshop hat (a) den Kontext für neue Studienangebote vertiefend betrachtet und (b) personelle Fragestellungen in den Blick genommen. Eine kurze Einführung zu den personalstrukturellen Entwicklungen des Hochschulpaktes hat Georg Jongmanns gegeben. Christiane Jost hat den Ausbau der Studiengänge an der Hochschule RheinMain zum Anlass genommen, sowohl die Rolle des Hessischen Wissenschaftsministeriums als auch die organisatorischen und personellen Konsequenzen für die Hochschule zu beschreiben. Die Diskussion in dem Workshop hat v. a. die Herausforderungen thematisiert, die mit dem Aufwuchs des Personals einhergehen. So wurde z. B. deutlich, wie der Hochschulpakt die Risiken der befristeten Beschäftigung in der Qualifizierungsphase erhöht. Zudem scheint die Besetzung vorgezogener Professuren für HAWs/FHs geeigneter zu sein als für Universitäten, weil die Folgekosten (Ausstattung der Professur) geringer und der Nutzen für den Kapazitätsausbau (in Form des Lehrdeputats) höher sind. Die personalstrukturellen Effekte sollten bei künftigen Förderprogrammen mehr Beachtung finden bzw. durch gezielte Maßnahmen kompensiert werden.