Als „System permanenter Bewährung“ bezeichnet Dr. Anja Gerlmaier von der Universität Duisburg-Essen während ihres Vortrag die derzeitige Arbeitssituation im wissenschaftlichen Bereich: Verträge sind oft befristet, die Beschäftigten unterliegen speziellen Unsicherheiten und Abhängigkeiten im immer bürokratischeren Arbeitsfeld Hochschule. Deshalb erleben mehr und mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Tätigkeit, insbesondere Projektarbeit, als psychisch belastend. Zusammen mit den allgemein veränderten Arbeitsbedingungen stellt Projektarbeit gleichermaßen eine große Herausforderung für die Gesundheitsförderung, den Arbeits- und den Gesundheitsschutz an Fachhochschulen und Universitäten dar.
Gleichwohl sieht Gerlmaier auch präventive Potenziale an Hochschulen. Auf welche Weise Vorgesetzte ihre Mitarbeiter/innen führen und inwiefern die Beschäftigten ihr eigenes Risiko erkennen, bestimmt mit, ob die Arbeit als psychisch belastend erlebt wird oder nicht. Solche präventiven Potenziale zu erkennen und in die Arbeitskultur einfließen zu lassen, ist Aufgabe des Fachpersonals für den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie für die Gesundheitsförderung.
Hochschulen agieren zunehmend unternehmerisch. Dadurch wandeln sich auch Arbeit und Beschäftigung. Inwiefern sich dieser Wandel auf die psychische Gesundheit verschiedener Statusgruppen in Hochschulen auswirkt, war Thema eines Workshops, den Joachim Müller von der HIS GmbH leitete. Darin tauschten sich Beschäftigte aus verschiedensten Arbeitsgebieten zunächst über ihre individuelle Belastung aus. Anschließend diskutierten sie, wie sie optimalerweise in ihrer Tätigkeit durch die Arbeits- und Gesundheitsschützer sowie die Gesundheitsförderer unterstützt werden können. Strukturen offenzulegen und ein Bewusstsein für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu schaffen, wird dabei als eine Aufgabe dieses Fachpersonals herausgestellt.
„Die Rahmenbedingungen können wir kaum ändern, aber kreativ mit den Spielräumen umgehen und die Ressourcen finden“, fasst eine Teilnehmerin die Ergebnisse des Workshops zusammen.
In diesem Jahr setzten die Veranstalter methodisch noch stärker auf Workshops, die den problemorientierten Dialog in Kleingruppen fördern sollten. Auch der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland soll verstetigt werden. So wird in drei Jahren eine Folgeveranstaltung den Blick noch stärker auf Europa richten. Insbesondere der Erfahrungsbericht von Alan Cowen (University of Brighton, Health and Safety Department) auf der diesjährigen Tagung hat gezeigt, wie aktiv die Hochschulen Großbritanniens in Fragen der Arbeitssicherheit und Gesundheit an Hochschulen national und international vernetzt sind, aber auch, wie ähnlich die Problemlagen sind.