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Ministerielle Steuerung von Universitäten durch Kennzahlen

Eine empirische Analyse in fünf Bundesländern

– Dissertation von Björn Möller – 

Veröffentlichungsdatum

29.08.2023

Autor:innen

Björn Möller

Inhalt

Ausgangspunkt meiner Dissertation war der Wandel des Verhältnisses zwischen Staat und Universitäten unter dem Paradigmenwechsel des New Public Managements. Dies führte unter anderem dazu, dass die Funktionen des Staates zu Lasten der Einflussmöglichkeiten in den Hochschulbereich reduziert wurden und dem Staat drohte, den Einblick in die Universitäten zu verlieren. Um diesem drohenden Verlust entgegenzuwirken, nutzte der Staat vermehrt kennzahlenbasierte Steuerungsinstrumente. Zur Analyse dieses organisationssoziologischen Problems der Hochschulforschung habe ich einen politikwissenschaftlichen Zugang gewählt. Dieser ermöglicht mir, die in der Hochschulforschung häufig abstrakte Beschreibung der Politik als „Staat“ dezidiert auszuformulieren und gleichzeitig die Universität als Untersuchungsgegenstand in der Politikwissenschaft zu etablieren. Daraus ergab sich für mich die übergreifende Fragestellung, welche Bedeutung metrifizierende Berichtspflichten und metrifizierte Berichte bei der ministeriellen Steuerung von Universitäten haben.
Als theoretischen Zugang habe ich die Prinzipal-Agenten-Theorie gewählt. Anders als die in der Hochschulforschung gängigen Governance-Ansätze bietet die Prinzipal-Agenten-Theorie den Vorteil, das hierarchische Verhältnis zwischen Ministerial- und Universitätsvertreter:innen angemessen berücksichtigen zu können. So zeichnet sich der Grundgedanke der Prinzipal-Agenten-Theorie in der Regel dadurch aus, dass eine spezifische Form der sozialen Interaktion vorliegt, die einen (mehrstufigen) Delegationsvorgang zwischen zwei oder mehr Akteur:innen beschreibt (u. a. Jensen & Meckling, 1976; Döhler, 2007). Aufgrund unterschiedlicher Expertise bei den Akteur:innen lassen sich überdies asymmetrische Informationsverhältnisse zwischen Prinzipal – den Ministerialvertreter:innen – und Agent – den Universitätskanzler:innen – feststellen. Aufgrund dessen werden vermehrt kennzahlenbasierte Steuerungsinstrumente zur Kontrolle der Agenten eingesetzt (u. a. Gilardi & Braun, 2002).

Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine vergleichende Analyse (Tilly, 1984) in fünf Bundesländern durchgeführt. Als Resultat eines kriterienbasierten Samplings (Seawright & Gerring, 2008) wurden Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ausgewählt. Zunächst wurden in den genannten Ländern die gesetzlichen Rahmenbedingungen analysiert. Um anschließend sowohl die ministerielle als auch die universitäre Perspektive auf die Bedeutung der metrifizierenden Berichtspflichten und metrifizierten Berichte zu erschließen, wurden 17 Expert:inneninterviews (u.a. Meuser & Nagel, 2009) mit Universitätskanzler:innen und Ministerialvertreter:innen geführt. Zur Auswertung des Datenmaterials wurde die inhaltlich strukturierende qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) herangezogen.

Der übergreifenden Forschungsfrage wurde in drei Analyseschritten nachgegangen. In einem ersten Schritt zeigt sich anhand der vergleichenden Analyse rechtlicher Rahmenbedingungen der ministeriellen Steuerung von Universitäten ein sich öffnender Gestaltungsraum der handelnden Akteur:innen. Dabei wird deutlich, dass die Regelungsdichte in Bezug auf Zielvereinbarungen und Hochschulentwicklungsplanungen zwischen den Landeshochschulgesetzen sehr heterogen ist. Mit einem Perspektivwechsel hin zur vergleichenden Analyse der Expert:inneninterviews geht es anschließend um die Ziele und Interessen, die die befragten Expert:innen mit den metrifizierenden Berichtspflichten und metrifizierten Berichten verfolgen. Schnell wird deutlich, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern aus dem ersten Analyseschritt sich nicht in den Zielen und Interessen der handelnden Akteur:innen wiederfinden. Vielmehr werden von den Befragten die klassischen, mit dem New Public Management verbundenen Zieldimensionen genannt. Darunter finden sich unter anderem die Nachweis- und Rechenschaftspflicht gesetzeskonformen Handelns, die Angemessenheit der Mittelausschüttung sowie die Stärkung der Hochschulautonomie. Darüber hinaus sehen sowohl die Ministerialvertreter:innen als auch die Kanzler:innen metrifizierende Berichtspflichten und metrifizierte Berichte als gemeinsame Entscheidungs- und Kommunikationsbasis. Aus theoretischer Perspektive werden überdies die asymmetrischen Informationsverhältnisse zwischen Prinzipal und Agent sowie die Relevanz eines gemeinsamen Gestaltungsraumes deutlich. Überraschend ist hingegen, dass anders als im klassischen Theorieverständnis die gegenseitigen Informationsdefizite nicht ausgenutzt werden, sondern statt einer individuelle Nutzenmaximierung, eine gemeinsame Nutzenmaximierung gegenüber Dritten angestrebt wird. Bereits an dieser Stelle zeigt sich, dass die zweistufige Steuerung (Döhler, 2011) um eine zusätzliche Stufe – die ex-post-Gestaltung der metrifizierenden Berichtspflichten – erweitert werden.
Dies aufgreifend wird in einem dritten Analyseschritt anschließend der Raum diskutiert, in dem die Ministerialvertreter:innen und Kanzler:innen die metrifizierenden Vereinbarungen gestalten. Dabei werden zunächst drei Ebenen definiert, die sich unter anderem in den wahrgenommenen Gestaltungsmöglichkeiten der Befragten unterscheiden. Die erste Ebene beschreibt die Zielvereinbarungen als Instrument und umfasst grundsätzliche Änderungen des Instrumentariums. Mit der Gestaltung der Messverfahren auf der zweiten Ebene werden bestimmte Berechnungsgrundlagen oder Zählweisen erörtert. Die Gestaltung der Kennzahlen auf der dritten Ebene umfasst vor allem das Setzen bestimmter Ziel- oder Richtwerte für die Universitäten. Während die Gestaltungsmöglichkeiten der Ministerialvertreter:innen und Kanzler:innen auf der ersten Ebene als nicht besonders groß wahrgenommenen werden, findet die Gestaltung auf den Ebenen zwei und drei unmittelbar zwischen den Ministerialvertreter:innen und Kanzler:innen (teilweise vertreten durch die Landeshochschulkonferenz) statt. Die Gestaltung von Messverfahren und Kennzahlen dient somit nicht nur dem formalen Akt einer gemeinsamen Vereinbarung, sie trägt vielmehr direkt zur Transparenz der für Universitätsexterne häufig unklaren universitären Technologien in Forschung, Lehre sowie weiteren Aufgaben bei. Dies wiederum kann langfristig dazu führen, dass die metrifizierten Berichte tatsächlich Auskunft über die Technologien der Universitäten geben können. Es zeigt sich unter anderem, dass die Unterschiede in der Gesetzgebung zwischen den Ländern offenbar nicht ausreichen, um Länderdifferenzen in der ex-post-Gestaltung feststellen zu können. Vielmehr sind es andere Faktoren, die die Gestaltung der metrifizierenden Berichtspflichten beeinflussen. Während hier die handelnden Akteur:innen selbst als den Gestaltungsraum definierende Faktoren gesehen werden müssen, sind die politische Themensetzung sowie der iterative Prozess der Aushandlung, der Diskussionsinhalt und die Sanktionierung bei Verfehlen der Zielwerte zusätzliche Einflussfaktoren des Gestaltungsraums.

Durch die vergleichende Analyse der Bundesländer konnten somit zwar zunächst Unterschiede in der gesetzlichen Regelungsdichte in Bezug auf Zielvereinbarungen und Hochschulentwicklungsplanungen festgestellt werden, diese bestätigten sich im weiteren Verlauf der Analyse jedoch nicht. Es zeigen sich vielmehr – im Sinne des universalizing (Tilly, 1984) – über alle Fälle des Samples gemeinsame Eigenschaften der ex-post-Gestaltung. Demzufolge nutzen Ministerialvertreter:innen und Kanzler:innen metrifizierende Berichtspflichten und metrifizierte Berichte als (Gestaltungs-)Basis für die ministerielle Steuerung von Universitäten. Abschließend kann außerdem festgehalten werden, dass das Vorgehen der vergleichenden Analyse sowie die kriterienbasierte Auswahl der Bundesländer ein hohes Maß an Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf die nicht im Sample befindlichen Bundesländern verspricht. Die ex-post-Gestaltung gemeinsamer Vereinbarungen zwischen Ministerialvertreter:innen und Kanzler:innen wird demnach in allen Bundesländern vorzufinden sein.

Die Dissertation kann unter https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-42612-5  abgerufen werden.