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Nachhaltige Hochschule jenseits von Werten und Haltungen: Organisation und Konflikte

Aktueller Aufsatz von Joachim Müller und Friedrich Stratmann

Die aktuelle Debatte um Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Hochschulen legt den Fokus zumeist auf die individuelle Ebene der Hochschulmitglieder oder auf die Umsetzung gesellschaftlicher Erfordernisse aus einer Makroperspektive. Die Meso-Ebene der Organisation bleibt ausgeblendet, obwohl hier die Entscheidungen mit der Folge von binnenstrukturellen Konflikten getroffen werden. Eine Organisationsanalyse ist deshalb Voraussetzung für Erklärungen, warum die Hochschule als eine Organisation, die zunächst einmal die funktionalen Anforderungen von Wissenschaft, Forschung und Lehre erfüllen muss, sich bei der Umsetzung „radikaler Forderungen zur nachhaltigen Entwicklung“ in Zurückhaltung übt oder gar üben muss.

Vor diesem Hintergrund verfolgt der Beitrag die Zielsetzung, explorativ und vor dem Hintergrund der Beratungserfahrungen von HIS-HE im Themenfeld „nachhaltige Hochschule“ die aktuelle Nachhaltigkeitsdebatte in den Hochschulen aus einer analytischen Betrachtung im Kontext der Hochschule als Organisation zu reflektieren und die damit einhergehenden binnenstrukturellen Konflikte zu beleuchten. Dabei ist folgendes zu beobachten: Das latente Spannungsverhältnis in der Hochschule zwischen den Zielsetzungen der Hochschule als Betrieb, begleitet von Wünschen der Hochschulleitung an Steuerung und Legitimationswirkung ihrer Maßnahmen und (!) der Freiheit von Forschung und Lehre trifft auch die inhaltlichen Bemühungen um Nachhaltigkeit. Derzeit prägt das Prinzip der Freiwilligkeit in allen Hochschulen die Umsetzung von Nachhaltigkeit und der Wunsch eines nachhaltigen Agierens der Mitglieder. Die Freiräume in Forschung und Lehre mit der Vielzahl an Disziplinen und Forschungsrichtungen können nahezu von jeder Hochschule offensiv genutzt werden, um gesellschaftlichen und politischen Erwartungen an eine Umsetzung von Nachhaltigkeit zu entsprechen. Aus dieser Beobachtung heraus erfolgt die Ableitung, warum Hochschulen eine Umsetzung als „nachhaltige Hochschule“ eher wertformulierend über Erklärungen und „Talk“ öffentlichkeitswirksam einsetzen bzw. das Mittel „Nachhaltigkeit“ wohltemperiert als „zusätzliches“ Entscheidungskriterium bei der Ressourcenbeschaffung nutzen.

Erschienen in: Hochschulmanagement (HM), Nr. 4. (2019), S. 101 – 108, Der Fachverlag für Hochschulthemen: UniversitätsVerlagWebler, Bielefeld, https://www.universitaetsverlagwebler.de

Video (ca. 5 Minuten):
Die Autoren zur Publikation: Was waren die Motive und was sind die Kernaussagen