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Mehr als 200 Anträge für den Qualitätspakt Lehre

194 Hochschulen haben Anträge für den Qualitätspakt Lehre, die dritte Säule des Hochschulpakts, eingereicht. Nach Angaben der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern sind dies 80 % der antragsberechtigten Hochschulen. Insgesamt wurden 204 Anträge gestellt, darunter 18 Verbundanträge, für die sich mehrere Hochschulen – teils gemeinsam mit außerhochschulischen Einrichtungen – zusammengeschlossen haben.

Ein Expertengremium wird die Anträge nun begutachten. Dem zwölfköpfigen Gremium sollen in der Hochschullehre ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studierende sowie Hochschulmanager/innen angehören. An der Entscheidung über die Förderung werden außerdem Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Länder beteiligt sein. Das Ergebnis soll Ende Mai vorliegen, so dass die Förderung der ausgewählten Projekte zum Wintersemester 2011/12 beginnen kann.

Der Vorsitzende der GWK, Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner, lobte das gemeinsame Engagement von Bund und Ländern für eine bessere Qualität der Hochschullehre: „Durch das Bund-Länderprogramm gibt es zusätzliche Anreize für die Hochschulen, Lehre und Studienbedingungen zu verbessern und dazu innovative Konzepte zu entwickeln. Die hohe Zahl der Anträge der Hochschulen ist ein gutes Zeichen. Durch das finanzielle Engagement des Bundes werden die bereits von den Ländern gestarteten umfassenden Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre sinnvoll ergänzt.“ Auch nach Ansicht von Bundesbildungsministerin Annette Schavan, die zugleich stellvertretende GWK-Vorsitzende ist, zeigt die rege Beteiligung, „dass wir mit dem Qualitätspakt Lehre genau die richtige Antwort auf den Bedarf der Hochschulen und Studierenden gefunden haben. Auch in der regionalen Verteilung der Anträge ist die Hochschullandschaft gut abgebildet.“

Bund und Länder haben den Qualitätspakt Lehre als dritte Säule des Hochschulpakts im Juni 2010 beschlossen. Gefördert werden sollen Maßnahmen zur kapazitätsneutralen Personalgewinnung, zur Weiterqualifizierung des Lehrpersonals und zur Verbesserung der Lehrqualität. Bis 2020 finanziert der Bund die Projekte mit rund zwei Milliarden Euro. Die Sitzländer der geförderten Vorhaben stellen die Gesamtfinanzierung sicher. In einer zweiten Bewilligungsrunde können die Hochschulen weitere Anträge bis zum 30. September 2011 einreichen. Antragsberechtigt sind alle staatlichen Hochschulen.

Aus Mitteln des Qualitätspakts sollte außerdem eine eigene „Akademie für Lehre und Lernen“ aufgebaut werden, die innovative Lehr- und Lernkonzepte entwickeln und die Qualität der Lehre in der Breite fördern sollte. Ob die Akademie kommt, scheint inzwischen jedoch fraglich. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, wurde das Thema kurzfristig von der Tagesordnung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 21.03.2011 genommen. Bei der Sitzung des Bildungsausschusses des Bundestags zwei Tage später äußerte sich ein Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) den Angaben zufolge verhalten zu den Realisierungschancen der Akademie. Der bereits gestartete Qualitätspakt Lehre könne eine eigene Akademie zur Förderung der Lehr- und Lernkultur unter Umständen überflüssig machen. Viele der im Rahmen des Qualitätspaktes beantragten Projekte seien den Aufgaben der Akademie sehr ähnlich, heißt es dazu im Ministerium. Zudem wolle der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft künftig ebenfalls die Lehrforschung fördern. Da Doppelstrukturen vermieden werden sollten, sei die Entscheidung über die Akademie vertagt worden. Zunächst solle geprüft werden, welche der über den Qualitätspakt geförderten Vorhaben sich möglicherweise mit der Konzeption der Akademie überschnitten und wie man das gesamte Projekt sinnvoll in der Förderlandschaft verankern könne.

Dabei war zwischenzeitlich auch nicht mehr von einer „Akademie für Lehre und Lernen“, sondern nurmehr von einem „Forum für Studium und Lehre“ die Rede. Abweichend vom Akademie-Gedanken sollten im Forum bis zu 25, auf Zeit freigestellte Professorinnen und Professoren („Fellows“) in einem losen Verbund Forschung zur Verbesserung der Lehre betreiben. Für die Startphase waren zwischen 2012 und 2016 45 Millionen Euro vorgesehen. Projektträger des Forums sollte die Stiftung zur Förderung der Lehre der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sein. Deren Generalsekretär, Thomas Kathöfer, zeigte sich gegenüber der Presse erstaunt von den neuen Entwicklungen: „Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Forum eingerichtet wird“, wurde Kathöfer zitiert.

Der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion kritisierte, Bundesbildungsministerin Annette Schavan halte ein zentrales Versprechen nicht ein: „Das hört sich ganz anders an als noch vor einem Jahr, als Frau Schavan auf der Bologna-Konferenz der Akademie eine zentrale Rolle zuwies.“ Auch Jakob Lohmann vom Vorstand der Juso-Hochschulgruppen nannte die Akademie „das letzte konkrete Ergebnis der Bologna-Konferenz“. An den Hochschulen herrschten noch immer veraltete Lehr- und Lernkonzepte vor, daher seien hochschuldidaktische Forschung und Weiterbildung notwendig und diese müssten auch aus Bundesmitteln finanziert werden. Kai Gehring, der Hochschulexperte der Grünen, monierte, Schavan sei der ursprüngliche Sinn des Programms aus dem Blick geraten. (tab)

Quellen: GWK, dpa, ZWD, Tagesspiegel