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acatech: Schule ist zentraler Ort der Technikvermittlung

Ein wichtiges Ergebnis: Die Schule ist der zentrale Ort der Technikvermittlung. Außerschulische Angebote können den schulischen Technikunterricht zwar wirksam unterstützen, aber nicht ersetzen.

Technik sollte daher an Deutschlands Schulen flächendeckend als eigenes Unterrichtsfach eingeführt oder als integraler Bestandteil verwandter Disziplinen im Lehrplan verankert werden, fordert acatech mit Bezug auf die Studienergebnisse. Die Autor/inn/en der Studie betonen, dass Jugendliche nicht technikfeindlich eingestellt seien, sondern eher technikfern. Sie begegneten Technik an vielen Stellen im Alltag, sähen in ihr jedoch nur selten einen Gegenstand, der ihr Interesse und ihre Neugier weckt. Technische Bildung müsse daher möglichst früh im Elternhaus und Kindergarten beginnen und anschließend kontinuierlich über alle Bildungsphasen altersgerecht gefördert werden. Die Wissenschaftler/innen widersprechen damit der Ansicht, dass Schülerinnen und Schüler erst in höheren Klassen an Technik herangeführt werden sollten. „Die technische Früherziehung muss sprichwörtlich im Sandkasten beginnen und dann kontinuierlich ausgebaut werden. Nur so können wir sicherstellen, dass sich mehr junge Menschen auch später im Beruf mit Technik beschäftigen wollen“, betont Studienleiter und acatech-Präsidiumsmitglied Ortwin Renn.

Die Schule wird damit – in Verbindung mit Kindergarten und Vorschule – zum zentralen Ort der technischen Bildung. „Nur dort können Kinder entsprechend ihrer Begabung frühzeitig und kontinuierlich bis in die Oberstufe an Technik herangeführt und Wissen aufgebaut werden. Die Einführung von Technikunterricht an Schulen ist daher nicht nur sinnvoll, sie ist längst überfällig“, erläutert Renn. Ein gut konzipierter und didaktisch innovativer Technikunterricht fördere nachweislich das Technikinteresse der Kinder und Jugendlichen. Wichtig sei neben der Fortbildung der Lehrenden eine geeignete technische Infrastruktur an den Schulen.

Im Rahmen der Studie „Monitoring von Motivationskonzepten für den Techniknachwuchs“ (MoMoTech), die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler/inne/n der Universität Stuttgart entstanden ist, wurden zwischen März 2007 und Juni 2010 mehr als 300 Modellprojekte zur Förderung des technischen und naturwissenschaftlichen Interesses bei Kindern und Jugendlichen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass außerschulische Angebote die Bildungsarbeit der Schulen zwar effektiv unterstützen können, indem sie die Neugierde für Technik wecken, den Praxisbezug herstellen und die Jugendlichen z. B. durch Experimente zum Mitmachen aktiv einbinden. Sie können den Technikunterricht in der Schule aber nicht ersetzen. Vielmehr komme es darauf an, die schulischen und außerschulischen Angebote stärker miteinander zu verzahnen und aufeinander abzustimmen.

Die Evaluation bescheinigt den untersuchten Modellprojekten positive Ansätze, sieht aber auch Verbesserungsbedarf: So könne die Effizienz vieler Projekte nicht zufriedenstellen. Sie sollten sich stärker mit den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen vernetzen und ihre Ziele klarer definieren. Die Studienautor/inn/en betonen, es ei unerlässlich, die Zielsetzung von Projekten und Initiativen vorab und eindeutig festzulegen. Insbesondere sei dabei zwischen den Zielen der Förderung des allgemeinen Technikinteresses einerseits und der Talentförderung andererseits zu unterscheiden, da diese jeweils unterschiedliche didaktische Konzepte und institutionelle Fördermechanismen bedingten.

Die Studie gibt auch Empfehlungen, wie mehr Mädchen für technische und naturwissenschaftliche Themen begeistert werden können. 2009 hatte das Nachwuchsbarometer Technikwissenschaften von acatech und dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ermittelt, dass der Frauenanteil in technisch-akademischen Berufen in Deutschland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ist. Die MoMoTech-Studie nennt eine Reihe von Gründen hierfür: So werde Mädchen bereits im Kindesalter eine geringe Technikkompetenz zugeschrieben. Jungen würden von den Eltern diesbezüglich stärker gefördert als Mädchen. Technikinteressierte Jungen sprächen den Mädchen ebenfalls Fähigkeiten in diesem Bereich ab. Dadurch entwickelten Mädchen bis zur Pubertät eine eher ablehnende Haltung gegenüber Technikthemen und schätzten sich sogar bei besseren Noten in Technik, Mathematik oder Physik als weniger begabt ein. „In unserem bestehenden Bildungssystem gelingt es nicht, das intuitive Interesse von Mädchen an Technik über die Schulzeit zu retten und in ein stabiles Selbstkonzept ihrer technischen Fähigkeiten zu überführen“, bedauert Renn. Alarmierend sei dabei, dass sich die ehemals höheren Anteile von Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen im Osten Deutschlands an das niedrigere Westniveau anglichen. Die Autorinnen und Autoren der MoMoTech-Studie empfehlen eine monoedukative Technikvermittlung in Schulen und außerschulischen Projekten, also die Mädchen getrennt von den Jungen zu unterrichten. Dazu Renn: „Die MoMoTech-Studie zeigt: Wenn Mädchen unter sich sind, bauen sie Selbstzweifel ab, sind motivierter und können in Hinblick auf ihre Begabungen besser gefördert werden. Weibliche Talente im harten Wettbewerb um die MINT-Fachkräfte aus den Augen zu verlieren, können und sollten wir uns als Gesellschaft nicht mehr leisten.“

Zur Studie gehört auch eine Datenbank mit Informationen zu Adressen und Konzepten von rund 1.000 Modellprojekten zur Förderung des Technikinteresses von Kindern und Jugendlichen (www.motivation-technik-entdecken.de). (tab)

Quelle: acatech