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Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

08.11.2015

Das Verfahren zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) ist im vollen Gange. Der Gesetzentwurf liegt vor, der Bundesrat hat seine Stellungnahme abgegeben und der Bundestag debattiert die vorgeschlagenen Änderungen der arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die 2007 in Kraft getreten sind.

Befunde der Gesetzesevaluation

Die anstehende Novelle ist das Resultat einer teils intensiv geführten Debatte über die befristete Beschäftigung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Debatte entzündete sich an verschiedenen Untersuchungen wie bspw. am Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, an den WiNbus-Studien des DZHW und an der Evaluation des WissZeitVG, die HIS-HE im Auftrag des BMBF durchgeführt und im März 2011 veröffentlicht hat. Die Evaluation hat zunächst gezeigt, dass das WissZeitVG ein weitgehend funktionales, praktikables und belastbares Instrument ist, um befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal in den Jahren vor und nach der Promotion abzuschließen. Die Gesetzesevaluation hat aber auch auf instrumentelle Schwächen und Unklarheiten der Anwendung aufmerksam gemacht:

  • So hat sich gezeigt, dass das wissenschaftliche Personal, auf das die gesetzlichen Bestimmungen anwendbar sind, nicht im hinreichenden Maße präzisiert ist – was zu klärenden Rechtsstreitigkeiten bis hin zum Bundesarbeitsgericht geführt hat.
  • Nicht eindeutig geregelt ist gegenwärtig noch, in welchen Fällen die Beschäftigungsverhältnisse von Studierenden, die als wissenschaftliche Hilfskräfte tätig sind, auf die Höchstbefristungsdauer (ohne Sachgrund) anzurechnen sind; in welchem Maße die Beschäftigungsverhältnisse also als Promotionszeit gelten.
  • Die im Jahr 2007 neu geschaffene und weithin begrüßte Möglichkeit, Zeiten der Kinderbetreuung berücksichtigen zu können (Ausweitung des Befristungsrahmens), hat zu verschiedenartigen Interpretationen darüber geführt, welche Kinder gemeint sind.
  • Die Befristung aufgrund bewilligter Drittmittel (und der entsprechenden drittfinanzierten Tätigkeit) hat die Frage aufgeworfen, bei welchen Drittmitteln die Bestimmung anzuwenden ist. Die Diskussion war allerdings weniger den aufkommenden Rechtsunsicherheiten als vielmehr der Begrenzung des sachlichen Geltungsbereichs geschuldet.
  • Darüber hinaus ließen sich in einen geringen Umfang Ansätze feststellen, dass die Drittmittelbefristung genutzt wurde, um bestimmte Schutzmechanismen der wissenschaftlichen Qualifizierung zu umgehen. Dies widersprach den deutlich artikulierten Absichten des Gesetzgebers.

Besondere Aufmerksamkeit hat ein Befund der Gesetzesevaluation erregt, der sich weniger auf den instrumentellen Charakter des WissZeitVG oder auf seine Regelungsziele als vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung der befristeten Arbeitsverträge an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bezieht. Eine aufwendige Erhebung hatte ergeben, dass rund die Hälfte der Arbeitsverträge, die auf Grundlage des WissZeitVG abgeschlossen worden sind, eine Laufzeit von weniger als ein Jahr hatte. Die Vertragslaufzeit betrug an den Hochschulen durchschnittlich 12,3 Monate und an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen 14,3 Monate.

Befristete Verträge mit kurzen Laufzeiten

Dieses Resultat hat zwar ein kritisches Licht auf die Befristungspraxis an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen geworfen, den Ursachen konnte im Rahmen der Untersuchung jedoch nicht nachgegangen werden. In der Folge hat das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium die Laufzeiten der befristeten Arbeitsverträge durch HIS-HE untersuchen lassen. Das Resultat der Fallstudien hat den Befund aus dem Jahr 2011 in der Tendenz bestätigt, konnte aber auch weiterführende Hinweise zu den Ursachen und zu den resultierenden Beschäftigungsverläufen geben. Auffällig war u. a., dass sich ein großer Teil der Verträge mit kürzeren Laufzeiten (rund zwei Drittel) bei einem kleineren Teil (rund ein Viertel) der Beschäftigten häufte und dass die anderen wissenschaftlichen Beschäftigten nur in einem geringen Maße oder gar nicht von kurzfristigen Arbeitsverträgen betroffen waren. Dieses Verteilungsmuster zeigte sich bei allen untersuchten Fächern, die sich ansonsten teils erheblich unterschieden.

Das Ergebnis macht erstens deutlich, dass die verbreitete Begründung der kurzen Laufzeiten (Finanzierung zwischen zwei Projekten bzw. am Ende einer Qualifizierungsphase) die hohe Zahl kurz laufender Arbeitsverträge nur teilweise begründen kann. Die beobachtete Häufung bei einem kleineren Teil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lässt sich mit Zwischen- und Abschlussfinanzierungen nicht erklären. Zweitens zeigt das Ergebnis auf, dass eine gezielte Reduzierung insbesondere unterjähriger Vertragslaufzeiten vermutlich zu einer deutlichen Verbesserung der Beschäftigungssituation beitragen kann; der mit den nordrhein-westfälischen Hochschulen vereinbarte Code of Conduct wählt ein solches Modell: Die im besonderen Maße betroffenen Beschäftigten werden dadurch entlastet, dass unterjährige Laufzeiten nur noch in Ausnahmefällen genutzt werden sollen, während diejenigen, die auf Zwischen- und Abschlussfinanzierungen angewiesen sind, weiterhin von einer sachlich begründeten Flexibilität der Hochschulen und Forschungseinrichtungen profitieren.

Geplante Änderungen des WissZeitVG

Der Entwurf zur Novelle des WissZeitVG vermeidet es, die Laufzeiten befristeter Arbeitsverträge zu konkretisieren. Verbesserte Beschäftigungsbedingungen sollen stattdessen über eine stärkere Betonung der wissenschaftlichen Qualifizierung erreicht werden:

  • Erstens soll die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit dann genutzt werden können, „wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt“. Der zurzeit nur in der Gesetzesbegründung dargelegte Zweck soll also in den Gesetzestext aufgenommen werden.
  • Auf diesem Wege wird zugleich die bereits vom Bundesarbeitsgericht vorgenommene Klärung, auf welches wissenschaftliche Personal die Befristungsvorschriften anwendbar sind, unterstrichen.
  • Zweitens ist die vereinbarte Befristungsdauer „so zu bemessen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist“; bei Befristung mit Sachgrund (Drittmittel) soll sie „der Dauer der Mittelbewilligung entsprechen“.

Weitere Änderungen des WissZeitVG betreffen

  • die Frage nach den Kindern, deren Betreuung zu einer verlängerten Höchstbefristungsdauer führt (Pflege- und Stiefkinder sind nun explizit genannt);
  • die Berücksichtigung von Behinderung und schwerwiegenden chronischen Erkrankungen (auch in diesen Fällen wird die mögliche Höchstbefristungsdauer ausgedehnt);
  • das nichtwissenschaftliche Personal, auf das die Drittmittelbefristung anwendbar ist (diese Möglichkeit soll künftig entfallen);
  • die Beschäftigungszeiten der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte (studienbegleitende Hilfstätigkeiten sollen künftig bis zu 4 Jahre zulässig sein, ohne der Promotionsphase zugerechnet zu werden und unabhängig davon, ob das Studium „zu einem ersten oder einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt“).

Der Gesetzentwurf verfolgt offensichtlich die Strategie, wichtige Änderungen vornehmen, ohne den Kern der Befristungsvorschriften ändern zu wollen: einen praktikablen Befristungsrahmen zur Verfügung zu stellen, der einerseits den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedingungen genügt, und der andererseits die Handlungsoptionen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen nur in einem geringen Maße vorgibt. Alles beim Alten also? Vermutlich nicht. Der Schritt, die Zweckbestimmung in den Gesetzestext aufzunehmen, ist bemerkenswert, weil nun jeder einzelne Arbeitsvertrag dem Anspruch genügen muss, dass die auszuübenden Tätigkeiten in angemessener Weise die wissenschaftliche Qualifizierung fördern – was mehr ist als der Erwerb beliebiger Kompetenzen. Die bislang bestehende Regelung ist im Vergleich dazu abstrakt. Sie ermöglicht faktisch Beschäftigungsverhältnisse, die phasenweise – auch für die Phase einzelner Vertragslaufzeiten – wenig fördernd oder wissenschaftlich qualifizierend sind.

Da die Begründung des Gesetzentwurfs weder die wissenschaftliche Qualifizierung noch die förderlichen Bedingungen spezifiziert, wird man abwarten müssen, wie die Hochschulen und Forschungseinrichtungen die erforderlichen Spezifikationen vornehmen. Zu erwarten ist, dass die unverkennbaren Fortschritte der Befristungspraxis und des Personalmanagements weiter vorangetrieben werden. Ob auf diesem Wege sichergestellt wird, dass jedes geförderte Projekt dem gesetzlichen Anspruch genügt, die wissenschaftliche Qualifizierung der Beschäftigten zu fördern, wird sich erweisen. Es besteht mithin das Risiko, dass mehr drittfinanzierte Arbeitsverhältnisse auf Grundlage der Drittmittelbefristung eingegangen werden – mit den entsprechenden Einschränkungen für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. In welcher Form und in welchem Maße sich die anstehenden Gesetzesänderungen auf die konkreten Arbeitsbedingungen auswirken werden, ist eine offene Frage. Eine künftige Gesetzesevaluation wird dort beginnen müssen, wo die letzte endete: bei der Befristungspraxis.

Nähere Auskünfte

Georg Jongmanns